
Seit 2010 betreibt die Telekom in Deutschland LTE-Sendemasten – damals ein technologischer Durchbruch, heute eigentlich Standard. Doch auch 15 Jahre später gilt das nicht für alle. Trotz regelmäßiger Erfolgsmeldungen von Telekom, Vodafone und O2 bleibt eine bittere Wahrheit bestehen: Hunderttausende Haushalte haben bis heute keinen Zugang zu schnellem LTE, geschweige denn zu echtem 5G.
📶 5G-Ausbau nur auf dem Papier
Laut Telekom sei 5G „mittlerweile fast die Regel“. In der Realität sieht das anders aus. Zwar hat der Netzriese in den vergangenen Wochen an 772 Standorten die Mobilfunkversorgung verbessert und 110 neue Sendemasten errichtet. Doch von echtem 5G – also auf der schnellen 3,6-GHz-Frequenz – profitieren nur wenige.
Insgesamt funken in Deutschland derzeit rund 10.900 5G-Antennen, was nur etwa 3.600 Standorten entspricht. Zum Vergleich: Die Telekom betreibt bundesweit rund 36.500 Standorte. Nur etwa ein Zehntel davon bietet also das „echte“ Highspeed-5G mit Gigabit-Geschwindigkeiten.
Der Rest nutzt die sogenannte Dynamic Spectrum Sharing (DSS)-Technologie – eine Art „5G light“, die sich Frequenzen mit LTE teilt und kaum zusätzliche Leistung bringt.
Bis 2025 will die Telekom 99 Prozent der Bevölkerung mit 5G versorgen – allerdings mit dieser langsameren Variante. Rechnerisch bedeutet das: Rund 410.000 Haushalte bleiben weiterhin ohne schnelles Internet.
📡 Gleiche Lage bei Vodafone und O2
Auch Vodafone und O2 (Telefónica) verkünden regelmäßig Ausbaufortschritte – in der Praxis bleibt die LTE-Abdeckung bei etwa 99 Prozent der Haushalte. Klingt beeindruckend, doch ein Prozent ohne Netz bedeutet:
👉 Rund 123.000 Haushalte haben gar keinen LTE-Empfang – und oft auch kein 5G.
Diese „weißen Flecken“ liegen meist in abgelegenen Regionen. Gründe dafür sind hohe Baukosten, fehlende Strom- und Datenanbindungen oder lokale Widerstände gegen neue Funkmasten. Bürgerinitiativen und Umweltauflagen verhindern oft den Bau neuer Antennen – selbst dort, wo der Bedarf groß ist.
O2-Chef Markus Haas warnte jüngst: „Selbst in Städten wird es zunehmend schwierig, neue Standorte zu finden. Die Kapazitäten stoßen an ihre Grenzen.“
⚙️ Notlösung MOCN: Geteilte Netze, wenig Leistung
Um Funklöcher wenigstens teilweise zu schließen, nutzen die Netzbetreiber inzwischen das MOCN-Verfahren (Multi Operator Core Network). Dabei dürfen Kunden eines Netzbetreibers auf den Mast eines anderen zugreifen – allerdings nur im langsamen LTE-Band 20, das maximal etwa 75 Mbit/s pro Betreiber liefert.
Für alltägliche Nutzung reicht das, echtes Highspeed-Internet ist es jedoch nicht.
📊 Millionen Haushalte ohne 5G
Beim neuen 5G-Standard ist das Bild noch düsterer:
- O2 erreicht derzeit rund 95 % der Bevölkerung,
- Vodafone etwa 92 %,
- die Telekom liegt bei 96 %.
Das klingt nach fast flächendeckender Versorgung, doch die Realität sieht anders aus. Denn die meisten dieser Antennen arbeiten ebenfalls im DSS-Modus, liefern also keine echten 5G-Geschwindigkeiten.
Schätzungen zufolge haben aktuell:
- über 2 Millionen Haushalte bei O2,
- rund 3,7 Millionen bei Vodafone
keinen 5G-Zugang.
🏗️ 1&1 – vierter Anbieter, aber keine Hilfe für Funklöcher
Zwar baut 1&1 seit einiger Zeit ein eigenes Mobilfunknetz auf, doch mit aktuell nur etwa 100 aktiven Antennen spielt der Anbieter beim Schließen der weißen Flecken kaum eine Rolle. In der Fläche setzt man auf National Roaming mit O2, später auch mit Vodafone.
🚫 Ausbaupflichten verschärfen hilft nur begrenzt
Die Bundesnetzagentur plant, bei der anstehenden Verlängerung der Frequenzlizenzen strengere Ausbaupflichten zu verhängen. Ziel: flächendeckendes LTE für alle. Doch das nützt wenig, wenn neue Standorte rechtlich oder technisch blockiert bleiben.
🧭 Fazit: Fortschritt mit großen Lücken
Trotz Milliardeninvestitionen und PR-Offensiven bleibt der Befund eindeutig:
Deutschland hat kein flächendeckendes LTE, geschweige denn echtes 5G.
- Hunderttausende Haushalte haben gar kein Netz.
- Millionen bekommen nur „5G light“ statt Highspeed.
- Der Netzausbau stockt, nicht wegen Technik – sondern wegen Bürokratie, Kosten und Widerständen.
➡️ Kurz gesagt: Deutschland surft weiter im Schneckentempo – und das mitten im Zeitalter der Digitalisierung.
