
Deutschland will alle Haushalte mit Gigabit-Internet versorgen – doch die Realität zeigt: Der Ausbau mit Glasfaser dauert und kostet Milliarden. Eine Alternative könnte 5G sein. Die Mobilfunktechnik ermöglicht Übertragungsraten, die Glasfaser Konkurrenz machen – zumindest auf den ersten Blick.
🔌 5G als Ersatz für Glasfaserleitungen
Schon 2018 begann die Telekom in Bonn mit einem Testprojekt namens WTTH – Wireless to the Home, bei dem Glasfaserleitungen durch eine 5G-Funkstrecke ersetzt werden sollten. Auch Telefónica (O2) experimentierte mit sogenannten Fixed Wireless Access (FWA)-Anschlüssen, unter anderem in Hamburg. Die Idee: Statt jedes Haus an ein Glasfaserkabel anzuschließen, bringt 5G die Daten direkt per Funk ins Gebäude.
Technisch endet die Glasfaser dabei am Sendemast. Von dort aus überträgt eine 5G-Antenne die Daten an einen Empfänger beim Kunden – ähnlich wie beim klassischen Mobilfunk, nur deutlich schneller.
📡 So funktioniert 5G-Internet für Zuhause
Die Telekom testete für ihr System Frequenzen um 60 GHz, während O2 in Hamburg 26 GHz nutzte. Diese Hochfrequenzbereiche ermöglichen enorme Bandbreiten, sind aber auf kurze Distanzen begrenzt.
Zum Vergleich:
- LTE nutzt Frequenzen um 0,8 bis 2,6 GHz
- 5G Fixed Wireless setzt auf 26–60 GHz
Je höher die Frequenz, desto größer die mögliche Datenrate – aber desto geringer auch die Reichweite.
Im O2-Test erzielte man bis zu 4 Gbit/s pro Sendestation, die Telekom kam auf 1,6 Gbit/s.
Da es sich um ein Shared Medium handelt, teilen sich mehrere Nutzer die verfügbare Kapazität. Wenn z. B. 16 Kunden gleichzeitig aktiv sind, bleiben pro Haushalt rechnerisch etwa 100 Mbit/s übrig.
🏙️ Herausforderungen: Sichtverbindung, Strom & Technik
Ein Knackpunkt ist die Sichtverbindung zwischen der 5G-Antenne und dem Empfänger im Haus. Gebäude, Bäume oder sogar Baucontainer können das Signal blockieren. Besonders Hinterhofwohnungen haben schlechte Karten.
Hinzu kommt die Stromversorgung: Viele Laternenmasten, an denen Antennen angebracht werden sollen, haben tagsüber keinen Strom, weil sie in Reihe geschaltet sind. Das Problem muss vor einem großflächigen Rollout noch gelöst werden.
Auch die Frequenzen selbst stehen bislang nur eingeschränkt zur Verfügung. 26-GHz-Bänder sind bei der Bundesnetzagentur zwar seit 2021 für lokale Netze beantragbar, die 60-GHz-Frequenzen sind derzeit auf Indoor-Nutzung beschränkt.
🏠 5G-Festnetzersatz schon Realität
Während die Highspeed-Tests noch laufen, bieten alle großen Netzbetreiber bereits 5G-Internet für Zuhause an:
- Vodafone GigaCube 5G nutzt das 700-MHz-Band und versorgt ländliche Regionen.
- Telekom 5G Hybrid kombiniert DSL mit 5G für mehr Stabilität.
- 1&1 setzt beim eigenen Netzaufbau auf 3,6 GHz-Frequenzen, ebenfalls als Festnetzersatz.
Diese Lösungen bieten in der Praxis oft zwischen 100 und 500 Mbit/s – je nach Netzqualität.
⚖️ 5G als Glasfaser-Ersatz – Chancen & Grenzen
Vorteile:
- Keine Tiefbauarbeiten notwendig
- Schnellere Versorgung von ländlichen Gebieten
- Geringere Ausbaukosten
- Kein Austausch der Hausverkabelung erforderlich
Nachteile:
- Begrenzte Reichweite
- Schwankende Leistung bei hoher Auslastung
- Sichtverbindung nötig
- Frequenznutzung noch nicht überall erlaubt
🧭 Fazit: 5G ist keine Glasfaser, aber ein sinnvoller Zwischenschritt
Echte Glasfaseranschlüsse (FTTH) bleiben die nachhaltigste Lösung für stabile Gigabit-Verbindungen. Doch bis der flächendeckende Ausbau abgeschlossen ist, können 5G-Funklösungen wie FWA oder WTTH eine wichtige Brückentechnologie sein.
Solange die Netzbetreiber die Shared-Medium-Problematik im Griff behalten und die Strom- sowie Frequenzfragen lösen, kann 5G durchaus eine realistische Zwischenlösung für schnelle Internetanschlüsse in Regionen sein, in denen Glasfaser noch auf sich warten lässt.
